Lösungsvorsprung

«Was man nicht misst, das kann man nicht regeln»

Im August 2022 lancierte Belimo eine neue Produktlinie von Raumsensoren und Raumbediengeräten und erweiterte damit ihr Angebot an HLK-Sensoren. Diese intelligenten Feldgeräte bilden nicht nur die Grundlage für gute Raumluftqualität, die für die Gesundheit und Produktivität der Gebäudenutzer unentbehrlich ist – sie verbessern auch die Energieeffizienz der Systeme, in denen sie installiert sind.

Menschen verbringen fast 90% ihrer Zeit in Innenräumen und atmen dabei Luft ein, die von der Umgebung beeinflusst wird. Die Raumluftqualität (IAQ) in Gebäuden wird vorwiegend von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen (HLK) geregelt. Rohr-, Kanal- und Raumsensoren sind das entscheidende Bindeglied zwischen Raumumgebung und HLK-System und tragen zu optimalen Raumluftbedingungen bei. Im Spätsommer 2022 lancierte Belimo eine neue Palette an Raumsensoren und Raumbediengeräten, die das bestehende Sensorsortiment ergänzen. Diese Feldgeräte ermöglichen eine präzise Überwachung der Raumluftqualität und lassen sich nahtlos in bestehende Gebäudeleitsysteme integrieren.

Relative Feuchte als Schlüsselfaktor

Belimo-Sensoren tragen zu einem angenehmen, produktiven und gesunden Raumklima bei. Ausschlaggebend dafür ist die präzise Messung von drei kritischen Raumluftparametern: Temperatur, relative Feuchte und CO2. Sowohl die Temperatur als auch die relative Feuchte wirken sich auf Komfort, Produktivität und Gesundheit aus.

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Auswirkungen unterschiedlicher relativer Feuchteniveaus, dargestellt anhand eines Scofield-Sterling-Diagramms (Quelle: Fachinstitut Gebäude-Klima e.V.).

Ganz wichtig ist, dass die relative Feuchte stets zwischen 40 und 60% liegt. Dies wirkt sich positiv auf die Schwebezeit von Aerosolen in der Luft und auf die Fähigkeit unseres Körpers aus, sich gegen Veränderungen in der Umgebung zu schützen. In trockener Luft (weniger als 40% relative Feuchte) können Tröpfchen, die eine infizierte Person beim Sprechen oder Niesen abgibt, leicht verdunsten. Das enthaltene Virus bewegt sich dann als leichtes Aerosol im Raum weiter.

Bei einer relativen Feuchte von über 40% verdunsten die Tröpfchen nicht so rasch und fallen in geringerer Entfernung auf den Boden. Darüber hinaus sind viele Bakterien und Viren in trockener Luft deutlich ansteckender, da unsere Schleimhäute bei zu geringer Feuchtigkeit austrocknen und so das Immunsystem schwächen.

CO2 und Gesundheit

Obwohl CO2 ein natürlicher Bestandteil unserer Atemluft ist – der Anteil in der Erdatmosphäre liegt bei etwa 0.04% –, können extrem hohe CO2-Konzentrationen der Gesundheit schaden. Bei CO2-Konzentrationen von über 1’000 ppm (parts per million; Teile pro Million) verringert sich die Konzentrationsfähigkeit des menschlichen Gehirns. CO2-Konzentrationen von 2’000 ppm oder mehr können gar Müdigkeit oder Kopfschmerzen verursachen.

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Das neue Raumbediengerät von Belimo verfügt über eine LED-Ampel-Funktion zur besseren Sichtbarmachung des CO2-Gehalts.

Der CO2-Gehalt in einem Raum ist ein hervorragender Indikator für die allgemeine Raumluftqualität und die Belegung eines Gebäudes. Dies macht ihn zu einer nützlichen Orientierungshilfe für die bedarfsgeregelte Lüftung. Bei einem hohen CO2-Wert aufgrund einer erhöhten Raumbelegung und eines eingeschränkten Luftaustauschs steigt die Gefahr durch infektiöse Aerosole.

Deswegen verfügen die neuen Raumbediengeräte von Belimo über eine LED-Ampel-Funktion, welche den CO2-Gehalt sichtbar macht. Sowohl Temperatur, relative Feuchte als auch der CO2-Gehalt werden auf einem kontraststarken ePaper-Touch-Display angezeigt. Diese herausragenden Funktionsmerkmale sind in ein minimalistisches Design eingebettet, was dieser technisch ausgereiften Produktlösung den begehrten «Red Dot Design Award» einbrachte.

Raumluftqualität und Energieeffizienz

«Grundsätzlich gilt, dass man das, was man nicht misst, nicht regeln kann», sagt Bill Bahnfleth, Professor für Gebäudetechnik an der Penn State University. Er gibt Kurse zu HLK-Systemen und hat sich auf die Forschung zu Raumluftqualität spezialisiert. «Die von den HLK-Sensoren gelieferten Informationen sind für die Überwachung des Raumklimas entscheidend. Sie lassen sich auf vielfältige Weise nutzen, um die Raumluftqualität zu verbessern.»

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Bill Bahnfleth, Professor für Gebäudetechnik an der Penn State University

Zum Beispiel kann die Konzentration der wichtigsten Schadstoffe in der Luft überprüft werden. Seien dies flüchtige organische Verbindungen (VOCs), die von Teppichen und anderen Materialien mit organischen Klebstoffen emittiert werden, oder Feinstaub (PM), der von aussen in ein Gebäude gelangt oder etwa beim Kochen entsteht. Bahnfleth sagt weiter: «Es ist wichtig, dass man weiss, welche Schadstoffe in der Raumluft enthalten sind. Nur dann kann man angemessen damit umgehen.»

Um der Schadstoffbelastung zu begegnen, kommt die Lüftung zum Einsatz. Letztlich bereitet diese die Aussenluft so auf, dass sie an die Innenraumbedingungen wie die Temperatur und die relative Feuchte angepasst wird. Auch hier kommt der Regelung eine entscheidende Bedeutung zu. Sensoren überprüfen, ob die Belüftungsstufe die richtige ist, um das gewünschte Raumklima zu schaffen.

Bahnfleth führt dazu weiter aus: «Wenn man sehr viel Luft von aussen in ein Gebäude führt, dann ist das extrem ineffizient und sorgt für höhere Energiekosten. Das Ziel ist es deshalb, weder zu viel noch zu wenig zu lüften.» Belimo berücksichtigt alle diese Faktoren und ist darauf spezialisiert, Sensoren und Antriebe mit HLK-Systemen abzustimmen, um Schadstoffkonzentrationen zu überwachen und für eine optimale Zufuhr von frischer Aussenluft und Abfuhr von verbrauchter Innenluft zu sorgen. Gleichzeitig wird dadurch die Energieeffizienz verbessert.

Lediglich 0.08% der HLK-Ausgaben

Für eine konstante Raumluftqualität muss die Luft ständig in Bewegung bleiben. «Generell ist das Ziel, Luft von sauberen hin zu weniger sauberen Bedingungen zu bewegen», so Bahnfleth. Dafür benötigt man eine gute Regelung der Luftströmung, die wiederum von der Regelung des Luftdrucks zwischen den verschiedenen Zonen eines Gebäudes abhängt. Dazu messen Belimo-Sensoren den Luftdruck und die Luftströmung in den Kanälen sowie die relative Feuchte, CO2 und VOCs. Mit den gewonnenen Informationen lässt sich die Luftzufuhr zu den verschiedenen Zonen regeln und das richtige Druckgefälle aufrechterhalten.

Dieser Ansatz ist sowohl energieeffizient als auch sehr effektiv für die Erreichung höchsten Wohlbefindens und maximaler Produktivität im Raum. Und dies erst noch mit einer sehr kurzen Amortisationszeit, zumal Sensoren nur etwa 0.08% der gesamten HLK-Ausgaben eines Gebäudes ausmachen.

SDG Icon Die sieben Grundlagen für gesunde Raumluft

Belimo befragte weltweit Planer und Lüftungsexperten, um systematische, praktische und umfassende Ansätze zur Schaffung von gesunder Raumluft zu identifizieren. Das Ergebnis sind die sieben Grundlagen für gesunde Raumluft, welche die entscheidenden Faktoren für die Gewährleistung von Raumluftqualität in Zweckbauten umfassen.

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Bei der Befragung zeigte sich deutlich, dass eine kontinuierliche und zuverlässige Messung, Anzeige und Überwachung der Raumluft für eine gute Raumluftqualität ausschlaggebend sind. Die sieben Grundlagen sind die folgenden:

  1. Kontinuierliche und zuverlässige Messung, Anzeige und Überwachung der Raumluftqualität.
  2. Präzise Luftzufuhr zur Zone und kontrolliertes Ableiten der belasteten Luft.
  3. Sinnvoll konzipierte Luftverdünnung und Luftströmungsprofile.
  4. Aktive Druckbeaufschlagung von Gebäudehülle und Räumen.
  5. Korrekte Regelung von Temperatur und Feuchte.
  6. Wirksame Filtration.
  7. Angemessene Menge an Aussenluft.
Interview mit Johanna Trüstedt, einer führenden Beraterin für gesunde Raumumgebung

«Die Daten müssen leicht zugänglich sein»

Belimo hat mit Johanna Trüstedt, Innenarchitektin und führenden Beraterin für gesunde Raumumgebung, gesprochen. Sie erläutert den Zusammenhang zwischen Raumluftqualität und Produktivität und erklärt, warum ihres Erachtens Sensoren entscheidend dafür sind, dem Ruf der Gebäudenutzer nach gesunder Raumluft endlich Gehör zu verschaffen.

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Johanna Trüstedt ist eine führende Beraterin für gesunde Raumumgebung.

Belimo: Wie würden Sie auf einer Skala von eins (am schlechtesten) bis zehn (am besten) den aktuellen Zustand der Raumluftqualität in Gebäuden weltweit beschreiben?

Johanna Trüstedt: Seit Beginn der Pandemie hat sich diesbezüglich sehr viel verändert. Davor hätte ich dem Zustand unserer Raumumgebung allenfalls eine Drei oder eine Vier gegeben. Jetzt möchten viele meiner Kunden, dass ich mir ihre HLK-Systeme genauer anschaue. Daher denke ich, dass wir, einhergehend mit einer grösseren Sensibilisierung, heute zwischen einer Fünf und einer Sechs liegen.

Gibt es Unterschiede zwischen den Regionen?

Natürlich wird das Bewusstsein für Luftqualität häufig durch die Qualität der Aussenluft beeinflusst. Peking zum Beispiel hat eine sehr schlechte Aussenluftqualität, daher ist das Bewusstsein dort stark ausgeprägt. Ich war auch an zahlreichen Projekten in Schanghai beteiligt, bei denen Arbeitgeber ein gesundes Raumklima für ihre Mitarbeitenden schaffen wollten. Ein Hauptaugenmerk lag in diesen Projekten darauf, dass die Luft, die in ein Gebäude gelangt, «sauber» ist und keine schädlichen Materialien verbaut werden.

Was ist diesbezüglich der Stand in Europa?

Interessanterweise ist das hier noch kein grosses Thema, obwohl die Aussenluft, die in ein Gebäude eindringt, auch in Europa ziemlich schlecht sein kann. Dies insbesondere in Stadtzentren oder Gebieten mit viel Strassenverkehr. Daher wäre es sinnvoll, genauer hinzuschauen und die bestehenden Standards zu ändern, insbesondere in Bezug auf PM10 oder PM5 (Particulate Matter; Feinstaub). Ausserdem sollte die Raumluftqualität überwacht werden, da wir häufig Materialien in unsere Gebäude bringen, welche die Raumluft verschmutzen.

Wie sieht die Situation in Amerika aus?

Dort sind die Herausforderungen in Bezug auf gesunde Raumluft ähnlich. Eines der Hauptprobleme ist sicherlich der Strassenverkehr. Aber auch andere Faktoren, wie etwa Umweltkatastrophen, können sich negativ auf die Qualität der Aussenluft auswirken. Daher sind viele Menschen in Amerika schon eher für das Thema sensibilisiert. Auf dem amerikanischen Markt wird ist immer häufiger zu beobachten, dass diese Herausforderung mit der Zertifizierung von Raumluftqualität angegangen wird. Ausserdem ist sich die US-Baubranche dieses Themas viel stärker bewusst. Da sich die Zertifizierungen auch vermarkten lassen und manchmal sogar zu Rekrutierungszwecken verwendet werden, müssen sie dem Kunden gut verkauft werden. Mit jedem einzelnen Siegel wird ein Produkt besser – so funktioniert der amerikanische Markt.

Sind wir in Europa naiv, was die Luftqualität angeht?

Das würde ich nicht sagen. Es ist eher so, dass wir mehr für Aussenluft als für Raumluft sensibilisiert sind. Das entsprechende Wissen und Bewusstsein sind einfach nicht vorhanden, obwohl die Wissenschaft deutlich aufzeigt, dass Raumluft negative Auswirkungen haben und unsere Produktivität beeinträchtigen kann. Meiner Ansicht nach liegt es in der Verantwortung von HLK-Planern und Architekten, Gebäudeeigentümer darüber aufzuklären. Ich glaube, wir haben bei der Sensibilisierung zu Zucker- und Tabakkonsum einen ähnlichen Prozess durchlaufen. Aber bezüglich unserer Einstellung zur Raumluftqualität haben wir noch einen langen Weg vor uns.

Wie lässt sich das Bewusstsein der Menschen am besten schärfen?

Das ist regional unterschiedlich. In Amerika funktioniert der Weg über Zertifizierungen ganz gut. In Europa, denke ich, ist die objektive Beweisführung die beste Methode. Mithilfe der Überwachung von Raumluft lässt sich ganz einfach nachweisen, dass die Produktivität abnimmt. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass Produktivität von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Es ist schwierig, den Beitrag der Raumluft zu isolieren. Diesbezüglich ist die Forschungslage recht dünn.

Was zeigen denn die wenigen vorhandenen Studien?

Sie belegen, dass die Raumluft einen enormen Einfluss auf uns hat. Zum Beispiel verglich Joseph Allen von der Harvard University die kognitiven Funktionen bei Menschen in schlecht belüfteten Büros mit denjenigen in besser belüfteten. Er wies in nachhaltigen Gebäuden nach, dass die Produktivität um 61% und mit verbesserter Lüftung gar um 101% zunahm. Der CO2-Gehalt, der Gehalt an flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs), aber auch die Lüftungsrate wirkten sich dabei deutlich und unabhängig voneinander auf die kognitiven Funktionen aus.

«In nachhaltigen Gebäuden mit verbesserter Lüftung nahm die Produktivität um 101% zu.»

Johanna Trüstedt

Dann ist ja wohl ganz klar, dass sich das auszahlt.

Genau. 60% mehr Leistung bedeutet mehr Gewinn. Wir müssen diesen Kausalzusammenhang hervorheben, da die Gehälter häufig einen grossen Anteil an den Betriebskosten ausmachen. Wenn jeder Mitarbeitende pro Tag auch nur fünf Minuten effektiver arbeitet, dann ist das zusammengerechnet eine ganze Menge! Und Geschwindigkeit ist nur einer von mehreren Gesichtspunkten. Bei kognitiven Funktionen geht es auch um Entscheidungsfindung und Krisenreaktion. Die Ergebnisse zeichnen diesbezüglich ein deutliches Bild. Und es gibt verschiedene mögliche Indikatoren für Raumluftqualität: Darunter sind CO2, PM2.5, VOCs, Temperatur und relative Feuchte.

Welche davon stehen bei Ihrer Arbeit im Mittelpunkt?

CO2 ist im Allgemeinen ein aussagekräftiger Indikator für Luftqualität, da eine niedrigere CO2-Konzentration oft mit weniger Schadstoffen einhergeht. CO2, VOCs, PM2.5 und PM1 – der so genannte Feinstaub – sind die wichtigsten Faktoren, welche die Luftqualität und das Wohlbefinden beeinflussen. Natürlich zusammen mit der Temperatur und der relativen Feuchte. Der wechselseitige Zusammenhang ist jedoch sehr kompliziert, da es nämlich nicht nur schädliche VOCs gibt – wie etwa Formaldehyd –, sondern auch harmlose.

Was ist der häufigste Grund für schlechte Raumluftqualität?

Wir errichten heute Gebäude, die aus Energiespargründen sehr gut abgedichtet sind; diesen Gebäuden geht dann aber buchstäblich die Luft aus. Das zeigt sich deutlich z.B. bei den Schadstoffen, welche die Materialien abgeben. Eine Lüftung ist zur Verringerung der Schadstoffbelastung erstaunlich effizient. Sobald sie aber ausgeschaltet wird, kehrt die Belastung auf das Anfangsniveau zurück. Das lässt sich am besten verhindern, indem giftige Materialien gar nicht erst ins Gebäude gelangen dürfen. Zugleich basiert die Zertifizierung eines Gebäudes in der Regel auf einmaligen Messungen, obwohl die Materialien über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes hinweg giftige Schadstoffe emittieren. Wir dürfen uns jedoch nicht auf eine einmalige Messung verlassen, sondern wir müssen kontinuierlich messen.

Das erinnert stark an den sogenannten «Performance Gap» bei der Energieeffizienz.

Genau, nach der Inbetriebnahme eines Gebäudes kommt es fast nie zu Anpassungen. Diesbezüglich halte ich viel von der RESET®-Zertifizierung. Diese vergibt kein Siegel mit der Kategorie «A», «B» oder «C» auf unbestimmte Zeit, sondern man muss sich die Zertifizierung ständig durch wiederholte Messungen immer wieder neu «verdienen». Sobald ein Schwellenwert überschritten ist, verliert man die Zertifizierung. Wie man wieder unter den Schwellenwert kommt, bleibt einem selbst überlassen. Im Gegensatz zu anderen Zertifizierungen muss man hier nicht nach bestimmten Checklisten vorgehen. Nur das Ergebnis zählt.

Welche Rolle spielen Sensoren in diesem System?

Offensichtlich eine sehr wichtige, vor allem hinsichtlich der Luftqualität. Ganz entscheidend ist, dass nicht nur selektiv einmalig gemessen wird, sondern kontinuierlich. Ein weiterer wichtiger Punkt ist meines Erachtens, dass die Daten für die Nutzer zugänglich sein müssen, was sich in der Praxis aber oft als schwierig erweist.

Weshalb?

Weil die Nutzer nur dann entsprechend reagieren und selbst entscheiden können, wo sie arbeiten wollen und wo nicht. Das schreckt viele Gebäudeeigentümer ab. Wenn man Daten sammelt, die nur das Facility-Management zu sehen bekommt, dann sind die Daten jedoch nutzlos.

Also wollen Sie die Nutzer ermächtigen.

Genau. Die Daten müssen für sie leicht zugänglich sein, damit sie ihre eigenen Entscheidungen treffen können. So weit sind wir jetzt noch nicht, aber wir werden dort in Zukunft hinkommen. So könnten wir zum Beispiel die Luftqualität in einem Café von aussen oder sogar über eine mobile App einsehen. Wenn die Luft schlecht ist, dann würden sich die meisten von uns höchstwahrscheinlich für einen anderen Treffpunkt entscheiden. Das kann ein sehr effektives Marketinginstrument sein. Ich möchte das nochmal mit den Erfahrungen der Lebensmittelindustrie vergleichen: Die detaillierten Angaben der Inhaltsstoffe auf Lebensmittelverpackungen, wie wir sie heute kennen, mussten sich die Verbraucher hart erkämpfen. Und genau so etwas möchte ich auch bei Gebäuden sehen. Um die einzelnen Bestandteile der Raumluftqualität anzuzeigen, benötigt man Sensoren.

«So könnten wir in Zukunft die Luftqualität in einem Café von aussen einsehen.»

Johanna Trüstedt

Warum setzen wir das nicht sofort um?

Weil dafür Vorabinvestitionen erforderlich sind. Um CO2 zu regulieren, braucht man eine mechanische Lüftung. Natürlich kann man diese Aufgabe an die Nutzer weitergeben, indem man ein manuelles Öffnen der Fenster vorsieht. Allerdings werden dafür Sensoren benötigt, damit die Nutzer wissen, wann sie das Fenster öffnen sollen. Ausserdem ist hinsichtlich der Schadstoffe nicht klar, welche Materialien harmlos sind und welche nicht. Dafür braucht es Zeit und Investitionen. Aber die Kapitalrendite steht ausser Zweifel, vor allem dann, wenn man die Nutzer in die Berechnung der Lebenszykluskosten mit einbezieht. Deswegen bin ich überzeugt, dass das auf lange Sicht nicht teurer ist – es ist eine Vorabinvestition, die sich auszahlt.

SDG Icon Über die Interviewpartnerin

Johanna Trüstedt ist Workplace-Beraterin und auf die nachhaltige Gestaltung von Innenräumen spezialisiert. Sie ist Teil des User Experience Teams von Drees & Sommer und gestaltet seit mehr als 20 Jahren in Deutschland, Japan, China, Spanien und in der Schweiz gesunde und nutzerorientierte Innenräume. Ihr Ansatz besteht darin, Raumlösungen zu schaffen, die das Wohlbefinden und die Gesundheit der Gebäudenutzer unterstützen. Weiter ist sie Vorstandsmitglied des Schweizerischen Vereins für Luft- und Wasserhygiene (SVLW).